Volatil war gestern, brüchig ist heute

Veröffentlicht am 
23
June
 
2022
Veröffentlicht am 
18
May
 
2022
Mitwirkende
Katharina Kohlmayr
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Volatil war gestern, brüchig ist heute - Ist BANI das neue VUCA?

VUCA ist das Akronym, mit dem wir in den letzten Jahrzehnten versucht haben, die sich ständig verändernden Rahmenbedingungen unserer Welt zu erklären. Seitdem Sommer 2020 wird ein neues Framework namens BANI diskutiert – von Jamais Cascio erstmalig aufgegriffen und von Stephan Grabmeier imletzten Jahr in den deutschsprachigen Raum getragen.

BANI das hört sich auf den ersten Blick freundlich an. Nach anfänglicher Freude wird aber auch mit diesem Framework deutlich: Es wird nicht einfacher. 😉
Unsere Systeme haben sich von volatil zu brüchig entwickelt. Wir haben fleißig weggesehen und ausgebeutet, wo es nur ging. Trotz Klima- und anderer Krisen haben wir fröhlich weitergemacht. Und auch wenn sich bereits eine ganze Menge verändert hat, sind wir auf der Suche nach Antworten. Und genau darauf geht das BANI-Modell sehr gut ein. Es erklärt nicht nur die Herausforderungen der aktuellen Situation, sondern auch die anhaltenden Folgen daraus und ist somit die Weiterentwicklung des VUCA-Frameworks und die beiden Modelle ergänzen sich sogar. (Aber dazu später mehr.)

Zunächst gilt es erstmal zu klären:

 

Wofür steht BANI?

B:RITTLE– brüchig

Brechen tun Dinge, die nicht elastisch sind. Spröde und abgenutzte Gegenstände. Systeme, die nach außen stark wirken, im Inneren aber schwach und morsch sind. Brittle steht für eine vermeintliche Stärke. Eine, die es eigentlich nicht mehr gibt oder die schon lange der Vergangenheit angehört.

Resilienz gegen Brüchigkeit


Auch Unternehmen und Organisationen werden nicht zufällig Opfer von Brüchigkeit. Sie haben ihr System nicht belastbar genug gestaltet, um auf die Herausforderungen und Veränderungen reagieren zu können. Dabei ist Brüchigkeit insgesamt ein großes Problem, denn unsere vernetzte Welt führt schnell zu einem globalen Zusammenbruch, wenn nur ein Teil zusammenbricht. Wenn Organisationen eine hohe organisationale Resilienz besitzen, gelingt ein Überstehen von Krisen. Dies erfordert eine neue Führungs-, Feedback-, und Fehlerkultur.
Als Mensch können wir der Brüchigkeit mit einer großen Portion Resilienz – basierend auf einer guten Selbstführung – begegnen, um den Belastungen von Außen (weiterhin) stand zu halten.

 

A:NXIOUS – ängstlich

Angst entsteht aus dem Gefühl, mit keiner Entscheidung richtig zu liegen oder mehr noch: Mit jedem Beschluss ein Desaster auslösen zu können. Diese Angst kann Entscheidende in die Passivität oder die Verzweiflung treiben. Die schnelllebige und von Algorithmen getriebene Medienwelt unterstützt diese Negativspirale zusätzlich.

Achtsamkeit gegen Angst

In einer unternehmerischen Umgebung kann sich das beispielsweise darin niederschlagen, dass keine Entscheidungen getroffen werden, weil Führungskräfte Angst vor der Entscheidung haben. Auch hier zeigt sich wieder, dass die Herausforderung weniger in äußeren Auffälligkeiten liegt als in dem Umgang mit Veränderungen und Herausforderungen.

Als Mensch kann Achtsamkeit die Angst im Umgang mit Herausforderungen lindern, da wir mit ihr lernen, uns selbst und andere besser zu verstehen. Dabei gilt es nicht „furchtlos“ zu werden, sondern viel mehr unsere Ängste zulassen zu können und sie entsprechend zu regulieren.

 

N:ON LINEAR – nicht linear

Nonlinearität bedeutet, dass Kausalitäten nicht mehr gegeben sind. Aktion und Reaktion stimmen nicht überein oder bedingen sich gar nicht. Kleine Aktionen können massive Reaktionen auslösen. Mit positiven oder negativen Ausprägungen. Aber immer mit schlecht vorhersehbarem Ausgang. Wir haben im Umgang mit der Komplexität ebenfalls erfahren müssen, dass ein Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung nicht immer gegeben sein muss. Das kennzeichnet die Nicht-Linearität.

Adaptation gegen Nicht-Linearität

Das Handeln in einer nicht-linearen Welt ist besonders fordernd. Nicht immer nämlich führen große Anstrengungen zu großen Ergebnissen. Hier müssen wir teilweise umdenken und ganz neue Wege beschreiten, um am Ende zum Erfolg zu kommen.
Als Mensch hilft uns unsere Anpassungsfähigkeit, in einer nicht-linearen Weltagieren zu können. Damit wir anpassungsfähig bleiben, ist es entscheidend, dass es uns zwar einerseits gelingt, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen, aber dabei unseren ureigenen Kern, unsere Authentizität, nicht verlieren.

 

I:NCOMPREHENSIBLE – unverständlich, unbegreifbar

In einer unbegreiflichen, unfassbaren Welt sind Ereignisse oder Entscheidungen nicht nachvollziehbar. Entweder liegen die Ursachen dafür zuweit zurück oder sie sind zu komplex, um korrekt eingereiht zu werden. Selbst mehr Informationen garantieren kein besseres Verständnis. In der Informationsflut ist das Rauschen vom Signal kaum mehr zu unterscheiden.

Transparenz gegen Unverständliches

Heute ist die unternehmerische Umwelt nicht mehr nur mehrdeutig, sie ist teilweise unverständlich. Ereignisse und Entwicklungen erscheinen uns oft unlogisch und sinnlos. Das hat auch zur Folge, dass wir subjektiv ständig mit Überraschungen konfrontiert werden. Deshalb fühlen sich viele Unternehmen und mit ihnen die Menschen darin von bestimmten Entwicklungen einfach überfordert. Wie soll man auf etwas reagieren können, dass man nicht einmal versteht? Unverständliche Situationen werden greifbarer, wenn wir wichtige Inhalte und Daten für die betroffenen Menschen verständlich erläutern und sie informieren sowie in dazugehörige Prozesse mit einbinden.
Als Mensch gilt es das Gummiband der Toleranz kräftig zu dehnen, uns in Akzeptanz zu üben und mutig genug sind, selbst zu denken – uns eine eigene Meinung zu bilden, gerne auch eine nicht polarisierende. Das bedeutet nicht, dass wir alles verstehen, oder nachvollziehen können, aber es meint, dass wir Situationen annehmen können und Verantwortung für jene Bereiche übernehmen, auf welche wir Einfluss haben.

 

Das BANI-Framework bietet somit eine Linse, durch die nicht nur instabile Strukturen verstehbar sind, sondern gar chaotische. Es werden nicht nur mehrdeutige, komplexe Systeme sichtbar, sondern auch jene völlig unverständliche. BANI ist zwar kein Lösungsmodell per se, doch es hilft uns die Situationen, von denen wir gerade und auch in Zukunft Zeuge sein werden, zu artikulieren, um darauf reagieren zu können. Denn nur was wir benennen können, können wir auch verstehen. Zudem können wir der gefühlten Unsicherheit einen Namen geben und damit Klarheit schaffen. Klarheit, die gerade in diesen Zeiten nötig ist.

Vielleicht hilft die folgende Erklärung, das Phänomen besser zu verstehen. Dazu gilt es zunächst davon auszugehn, dass heutige Probleme weder einfach noch kompliziert oder komplex, sondern chaotisch zu verstehen sind.

1.     Eineinfaches Problem bedingt ein klares, eindeutiges Handeln.

2.     Einkompliziertes Problem bedingt, dass man die Situation vor dem Handelnanalysiert.

3.     Einkomplexes Problem bedingt vor dem Handeln zu sondieren. Sprich, möglicheLösungsansätze ausprobieren. 

4.     DasChaos bedingt aber erst eine Stabilisierung der Situation, bevor das Problembegriffen und gehandelt werden kann.

Sicher ist, dass sich alles verändern wird. Systeme, ob auf Staaten-, Wirtschafts- oder Organisationsebene. Auch unsere persönlichen Beziehungen zu Freunden und Familie. BANI wird uns für diese Veränderung nicht bereit machen, aber kann Hilfe leisten, den Wandel in Worte zu fassen.

Ist BANI das neue VUCA? – Jein.

Das VUCA-Modell hat nicht komplett ausgedient, nur weil sich unsere Einsichten weiterentwickeln. Im Gegenteil, in vielen Fällen baut BANI auf dem Vorgänger-Modell auf. Oftmals ist es auch so, dass man nicht genau sagen kann,wann im Umgang mit Volatilität eine tatsächlich brüchige Situation entsteht. Oder zu welchem Zeitpunkt genau Komplexität in Nicht-Linearität übergeht. Ebenso ist der Übergang von einer unsicheren Situation zu regelrechtem Chaos fließend. BANI ist deshalb als Denkansatz sehr gut geeignet, die Herausforderungen der modernen Unternehmenswelt und unserem Alltag insgesamt besser bewältigen zu können. Das liegt unter anderem daran, dass es bei BANI auch intensiv um das dahinterliegende Mindset geht.

Was können wir tun? 

Dem ganzen BANI-Chaos können wir als Menschen und Unternehmen etwas entgegen setzen: unsere Lernfähigkeit. Wenn wir BANI-Filter anwenden und akzeptieren, dass die Systeme brüchig, angsteinflößend, nicht-linear und unverständlich sind, ergeben sich neue Antworten und Anforderungen.
Ich glaube, der Leitstern, welcher uns (und Organisationen) durch die Untiefen der BANI-Welt führt, ist unsere Haltung. Und wer sagt denn, dass wir dann das Überraschungsmoment nich auf unserer Seite haben können? Denn positiv betrachtet, beschreibt BANI auch eine Welt, in der vieles möglich ist und gelingen kann.



Für alle Romantiker noch ein Buchtipp: "Die schönere Welt, die unser Herz kennt, ist möglich" von einem meiner ganz persönlichen "Stars" - Charles Eisenstein.

Und wenn du es lieber etwas "kopflastiger" und trotzdem an vielen Stellen sehr hoffnungslastig hast, empfehle ich dir den wunderbaren "Kopföffner" meines Community-Kollegen, Stephan Grabmeier "Future Business Kompass".