Habit stacking: Ziele in die Tat umsetzen

Veröffentlicht am 
05
April
 
2022
Veröffentlicht am 
27
January
 
2022
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Mitwirkende
Katharina Kohlmayr
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Der Januar ist die Zeit für gute Vorsätze. Und spätestens im Februar verlässt uns dann die Motivation zur Umsetzung. Im Frühling gibt es an jeder Ecke neue Diät- und Trainingsratgeber für die perfekte Strandfigur. Ich kenne niemanden, der lang genug durchgehalten hat um herauszufinden, ob sie funktionieren. Nach dem Zahnarztbesuch benutzen wir etwa 3 Tage lang die kleinen Bürstchen zur Reinigung der Zahnzwischenräume. So viel zum Thema gute Vorsätze in die Tat umsetzen! 😉

James Clear ist erfolgreicher Coach und einer der führenden Experten für Gewohnheitsbildung. Er hat das Buch Atomic Habits (deutsch: "Die 1% Methode") geschrieben.

Nach einem schweren Sportunfall als Teenager kommt er durch kontinuierlich kleinen Verbesserungen langsam wieder auf die Beine – bis er im Unisport zu den Besten gehört.

Er schreibt, dass wir bei neuen großen Zielen erst sehr motiviert sind und dann recht schnell frustriert. Nämlich dann, wenn der Erfolg nicht so schnell kommt, wie erhofft. Wir werten das als persönliches Versagen, geben auf und fallen zurück in die alte Gewohnheit.

Um gute Vorsätze in die Tat umsetzen wollen, rät er zu kleinen, aber kontinuierliche Schritten in die richtige Richtung. Diese Schritte werden zu neuen Gewohnheiten. Die Summe unserer Gewohnheiten ist unsere Persönlichkeit. Verändern sich unsere Gewohnheiten, verändert sich auch unsere Persönlichkeit in die richtige Richtung. Und wenn eine Gewohnheit Teil unserer Persönlichkeit geworden ist, ist es auch schwieriger sie wieder abzulegen. Das gilt natürlich leider auch für schlechte Angewohnheiten.

1. Die richtigen Gewohnheiten auswählen

Um herauszufinden, welche Gewohnheiten zu uns passen, können wir fragen: Welche Gewohnheiten passen zu der Persönlichkeit die ich sein will? Was tue ich an meinen „besten Tagen“?

Beispiele:

Ich möchte Autor*in sein. Dafür muss ich täglich schreiben.

Ich möchte jemand sein, der/die regelmäßig schwimmt. Dafür muss ich 2x pro Woche schwimmen.

Ich möchte der/die beste Verkäufer*in im Team sein. Dafür muss ich 15 Kundengespräche pro Tag führen.

2. Mit kleinen Schritten starten

Clear hat eine 2-Minuten-Regel aufgestellt. Wir sollen jede neue Gewohnheit zunächst auf die ersten 2 Minuten reduzieren. Erst, wenn sich die Gewohnheit gefestigt hat, darf man schrittweise steigern. Das wird irgendwann so einfach und langweilig, dass man zwangsläufig bei der Stange bleibt und die Schwierigkeit steigern möchte.

Beispiele:

Die ersten 2 Minuten von „ich trainiere 3x pro Woche“ sind

„ich checke 3x pro Woche im Fitnesstudio ein“.

Die ersten 2 Minuten von „ich male jeden Tag“ sind „ich male jeden Tag für 2 Minuten“.

Die ersten 2 Minuten von „ich lerne eine Fremdsprache“ sind

„ich lerne jeden Tag 2 Vokabeln“.

3. Neue Gewohnheiten möglichst angenehm, offensichtlich und einfach machen

Jeder hat individuelle Vorlieben. Oft gibt es verschiedene Arten, eine Gewohnheit zu praktizieren. Wir sollten die Art wählen, die uns die besten Chancen gibt, die uns am meisten Spaß macht. Das hilft, am Ball zu bleiben. Je offensichtlicher und einfacher eine neue Angewohnheit ist, desto eher wird man sie durchführen.

Beispiele:

Sport: Sportart wählen, die am meisten Spaß macht (Fußball, Klettern, Tanzen, Laufen, Yoga etc.). Sporttasche am Vortag packen. Sportverein oder Fitnessstudio so wählen, dass sie gut erreichbar sind. Seit dem ersten Lockdown gibt es super viele Online-Angebote bzw. You-Tube Tutorials.

Ernährung: Ernährungsform wählen, die am besten schmeckt (Vollwert, Low Carb, Paleo, vegetarisch, vegan, basisch, Rohkost etc.). Sich zu einem passenden Kochkurs anmelden. Essensplan erstellen und einkaufen, oder liefern lassen für die ganze Woche.

4. Gewohnheiten, die wir ablegen wollen, möglichst unangenehm, schwierig, und unsichtbar machen.

Es ist hilfreich, wenn die Trigger für eine schlechte Angewohnheit nicht sichtbar sind. Wenn ihre Durchführung unangenehm ist und extra Aufwand bedeutet, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass wir sie durchführen. Man kann auch daran denken, sich eine Belohnung für das „nicht-Tun“ zu geben.

Beispiele:

Social Media: Telefon in eine Schublade legen. Social Media Apps vom Telefon löschen. W-LAN ab 21:30 deaktivieren. Montag morgens aus allen Accounts ausloggen und jemanden bitten, die Passwords zu ändern und uns erst Freitags das neue Passwort mitteilen.

Zucker: Alle Süßigkeiten aus dem Haus entfernen. Das ehemalige Süßigkeiten-Budget sparen und sich damit einen Wunsch erfüllen.

5. Neue Gewohnheiten konkret mit Wann?/Wo? planen und an andere Gewohnheiten anhängen.

Statt zu sagen „ich möchte mehr Sport machen“ oder „ich möchte mehr selbst kochen“, sollten wir neue Gewohnheiten konkret planen. Mit Ort und Zeit. Wir alle haben bestehende Gewohnheiten im Tagesablauf. Clear empfiehlt, neue Gewohnheiten mit diesen bestehende Gewohnheiten zu verknüpfen. Clear nennt das „habit stacking“.

Beispiele:

Nach dem Aufstehen koche ich mir einen Kaffee in der Küche (bestehende Gewohnheit). Danach meditiere ich für 5 Minuten im Wohnzimmer (neue Gewohnheit).

Nach der Arbeit parke ich mein Auto in der Garage (bestehende Gewohnheit). Beim Verlassen nehme ich allen Müll und alle vergessenen Gegenstände mit (neue Gewohnheit).

6. Nicht in Zielen denken, sondern in Systemen

Große Ziele sind oft schwer zu erreichen, und wenn wir sie erreichen, kann eine innere Leere entstehen – wie bei manchen Läufern nach dem ersten Marathonlauf. Wenn wir uns dagegen ein „System der kontinuierlichen Weiterentwicklung“ aufbauen, bewegen wir uns immer im sweet spot zwischen Langeweile und Überforderung.

Beispiele:

Für bessere Schlafqualität optimiert man in kleinen Schritten erst das Einschlafritual, dann Matratze und Kissen, dann Licht und Luftqualität .

Für weniger Stress verbessert man schrittweise Zeitmanagement und Produktivität. Gleichzeitig etabliert man schrittweise Entspannungsübungen oder ein ausgleichendes Hobby in den Alltag.

7. Nicht auf perfekt warten, sondern einfach anfangen.

Oft suchen wir nach dem perfekten Outfit, dem perfekten Werkzeug, dem perfekten Zeitpunkt oder der größten Motivation. Dabei verpassen wir es, jemals den ersten Schritt zu tun. Clear empfiehlt, einfach in die richtige Richtung zu starten. Bei Bedarf kann man später immer noch korrigieren.

Beispiele:

Die erste Seite eines Buches lässt sich mit jedem Schreibprogramm tippen .

Den ersten Waldspaziergang können wir in (fast 😉) allen Schuhen machen.

Ein grobes Budget zu erstellen ist besser, als gar keinen Überblick über die eigenen Finanzen zu haben.

8. Eine neue Gewohnheit niemals zweimal schleifen lassen.

Es kann immer vorkommen, dass man einmal nicht dazu kommt, eine neue Routine umzusetzen. Statt Frustration und Rückfall in alte Muster rät Clear dazu, die Routine auf jeden Fall beim nächsten Mal wieder einzuhalten.

Beispiele:

Wenn ein Bluthochdruckpatient einmal das tägliche Blutdruckmessen verpasst, sollte er unbedingt am nächsten Tag daran denken.

Wenn ein Sprachschüler einmal den wöchentlichen Kurs verpasst, sollte er unbedingt in der nächsten Woche wieder hingehen.

Wenn eine Patientin mit Rückenschmerzen an einem Tag ihre Übungen aus der Physiotherapie nicht macht, sollte sie sich unbedingt am nächsten Tag die Zeit dafür nehmen.

Warum genau ist gute Vorsätze in die Tat umsetzen so schwer?

Clear schreibt dazu, dass wir genetisch darauf programmiert sind, eine sofortige Belohnung einer zukünftigen Belohnung vorzuziehen. - Das wird u.a. in dem bekannten "Marshmallow-Experiment" dargestellt. Wenn ihr es noch nicht kennt, das Marshmellow Projekt ist sehr süß und auch irgendwie "entlarvend". 😅

Die meisten schlechten Angewohnheiten sind also mit einer sofortigen Belohnung verbunden. Dafür haben sie langfristig negative Folgen. Bei vielen guten Angewohnheiten kommt die Belohnung erst Wochen, Monate oder Jahre später. Man muss trainieren, Ängste überwinden, Stillstand und Langeweile ertragen und trotzdem am Ball bleiben um dann irgendwann in der Zukunft zu profitieren. Das fällt schwer.

Cornerstone Habits: Eine Angewohnheit, viel Wirkung

In einem Interview wurde James Clear gefragt, welche Angewohnheiten die größte Transformationskraft auf das gesamte Leben haben. Clears Antwort waren diese Cornerstone Habits:

Lesen, denn zu den meisten Fragen und Herausforderungen des Lebens gibt es Bücher. Wer viel liest, kann viele Probleme lösen und sich weiterentwickeln.

Budgetplanung, denn aktive Kontrolle über die eigene Finanzsituation mit Einnahmen, Ausgaben und Sparzielen reduziert Unsicherheit und schafft Freiheiten.

Sport, denn Bewegung fördert die Konzentration, steigert die Gesundheit und verleitet auch in anderen Bereichen zu gesünderem Verhalten.

Visualisierung, denn ein wichtiges Ereignis vorab mental zu planen verbessert die Konzentration, Qualität der Leistung und Chance auf Erfolg.

Meditation, denn regelmäßiges Meditieren steigert die mentale Balance, geistige Leistungsfähigkeit, Zufriedenheit und Schlafqualität.

Um gute Vorsätze in die Tat umzusetzen erfordert es viele kleine Veränderungen, die wir fest in unserem Leben verankern. Wenn eine neue Angewohnheit Teil unserer Persönlichkeit wird, wird es auch schwerer, sie wieder abzulegen.

Wie bei allen hier vorgestellten Methoden, gilt: Als gute/r Selbstführer*in weißt du, das nachhaltige Veränderung bedingt mit Willenskraft, aber ganz viel mit mindset zu tun hat. Will sagen: Sei milde und geduldig mit dir. Wenn dir ein Vorhaben partout nicht gelingen will, dann werte das nicht als Rückschlag, sondern nimm es als Informationen zu dir und deiner Persönlichkeit. Nutze diese, um einen anderen Weg, oder eine bessere Entscheidung für DICH zu treffen. Die auch lauten kann: Ich habe es versucht und mache es nicht mehr. 😎